Fazit.
Auch wenn hier inzwischen mehr los ist als noch in den 2000ern… Dieser Weg trägt den Namen „Kungsleden“ (Königsweg) zurecht. Insbesondere der nördliche Teil zwischen Abisko bis runter nach Saltoluokta (meine absolute Lieblingsfjällstation) ist landschaftlich unübertroffen: die großen farblichen Kontraste zwischen den dunklen Felsen, dem Grün und Blau im Sommer, dem Weiß im Winter, die weiten Täler, die schroffen, hochalpinen Berge und Gletscher, das glasklare Wasser… ich bin immer wieder für jeden Moment dankbar, den ich dort genießen darf. Egal ob Sommer, Herbst oder Winter.
Ich empfehle umbedingt, sich von der Hauptroute zu lösen und ruhig Abstecher nach Unna Allakas, Vistas und Nallo zu wagen. Auch der viel weniger begangene Teil südlich von Singi ist wunderhübsch und jede Anstrengung wert.
Inzwischen haben fast alle Hütten eine Sauna und einen kleinen Shop, teilweise gibt es sogar frisches Obst. Aber am Schönsten ist es hier fernab der Wege…
Ein kleiner Film mit meinem langjährigen Wanderbegleiter Christian Koch in der Hauptrolle.
Es war wieder soweit: endlich ab in den Flieger nach Stockholm, weiter nach Kiruna, ab ins Hotel und dann morgens um sieben Uhr mit dem Bus nach Abisko. Früher habe ich die gesamte Anreise (ca. 35 Stunden) per Zug erledigt, das ist mir, aller Umweltschädlichkeit zum Trotz, heute zu anstrengend.
Tag 1
Abisko – Abiskojaure
Die Wettervorhersage war erst einmal nicht sehr vielversprechend: bewölkt, viel Wind, etwas Schnee. Auf dem Weg von Kiruna nach Abisko musste der Bus dann auch eine halbe Stunde warten, weil ein LKW von einem skurril großen Bergungsgerät aus dem Seitengraben gezogen wurde. Und alles bei Schneesturm und wenig Sicht.
Wir hatten uns also auf einen „Arbeitstag“ eingestellt, wurden in Abisko dann aber mit Königswetter begrüßt. Die Ski wurden untergeschnallt, die Rucksäcke aufgesetzt und los ging es Richtung Abiskojaure. Da ich den Weg schon des Öfteren gelaufen bin, sind wir relativ zügig von der markierten Route herunter auf den Fluß gewechselt – hier kann man in Ruhe seine Bahnen ziehen -, der markierte Winterweg führt kilometerweit durch den Birkenwald, auch schön, aber mit viel kleinen Kurven und Auf und Abs versehen.
Es ist jedes Mal wieder erhaben, wenn man den Abiskojaure erreicht und sich der Blick weitet. Spätestens hier beginnt dann alles von einem abzufallen. Ein perfekter Ort für eine ausgiebige Pause.
Noch kurz über den See und dann ab in die schöne Abiskojaure Fjällstuga. Sitzen in der Sonne, Kaffee trinken, Schokoriegel naschen, … leider keine Sauna, aber vielleicht bauen sie ja mal eine 😉
Tag 2
Abiskojaure – Unna Allakas
Diesen Schlenker bin ich auf meiner allerersten Wintertour gelaufen und wollte ihn unbedingt mal wieder machen, da ich Unna Allakas, an der norwegischen Grenze liegend, eine absolut geniale, alte Hütte, in brutal schöner Lage finde.
Der Weg dahin ist mit über 20km eher lang, insbesondere am Ende zieht es sich etwas, weil es dann immer leicht bergan geht und man läuft auch gern auf Scooterspuren, aber nach und nach wird es immer alpiner und spätestens der Blick von der Hütte aus entschädigt für alles.
An diesem Tag kämpften wir mit Stollenbildung unter den Skiern, da die Temperatur um Null Grad herum den Schnee weich werden ließ. Zum Glück hatte ich mein Wachs dabei, so dass es einigermaßen ging.
Tag 3
Unna Allakas – Alesjaure
Das ist im Endeffekt die Etappe, auf welcher ich 2007 beschlossen habe, dass Skitouren im Winter mich bis an mein Lebensende begleiten werden.
Direkt nach Unna Allakas geht es steil in den Berg, anstregend, aber nicht allzu lang, es gibt auf der Strecke zwei weitere steile Anstiege, sie sind aber alle zu meistern. Man wird dafür mit dem Blick über eine gigantische Hochebende entschädigt, etwas, das man weder filmen noch fotografieren kann – ein Gefühl von Erhabenheit macht sich hier bei mir breit.
Nach dieser Ebene gibt es einen weiteren soliden Anstieg, der in der Bergformation westlich der Alesjaure Fjällstuga endet, ein großartiger Platz für ein Päuschen, da man hier sehr allein ist, nur wenige nehmen diesen Weg, der doch beschwerlich ist.
In unsere absolut stille Mittagspause mischte sich dann leider ein Scooter-Trupp aus Finnland – an diesem Punkt im Nationalpark verboten -, die sich tatsächlich verfahren hatten und uns nach dem Weg fragten…
Die Abfahrt nach Alesjaure ist ein wahres Highlight, beginnt erst sachte und am Ende zum See runter kann man doch ganz gut Tempo aufnehmen. In Alesjaure warten eine wunderbare Sauna mit warmen Wasser zum Waschen, ein gut sortierter Shop und mehrere Hütten, die im Winter aber nie ganz belegt sind. Eine tolle Hüttenanlage mit Blick über See und Mond und – mit Glück – auf Nordlichter.
Tag 4
Alesjaure – Vistas
Auch diesen Schlenker bin ich 2007 schon einmal gegangen, damals allerdings bei schlechtem Wetter, wenig Sicht und wenig Schnee. Dieses Mal war alles umwerfend und meine Ahnung, dass dieses enge, schroffe Tal viele einzigartige Ausblicke gewähren würden, wurde erfüllt.
Wir starteten in Richtung Samen-Sommersiedlung, der Weg ist nicht markiert, um dann östlich in die Vistasvaggi abzubiegen. Nach einem kleinen Anstieg geht es dann immer bergab bis zur Vistasstuga, die einen herrlichen Ausblick auf den Beginn der folgenden Tagesetappe gewährt.
Christian und ich fuhren oft allein, jeder genoss in seinem Tempo die Abfahrten, die Blicke, die Stille, wir waren hier ganz für uns unterwegs, nur die eine oder andere Spur zeugte von Menschen, die an vorangegangenen Tagen hier waren. An einer kleinen Hütte genossen wir in der prallen Sonne eine lange Mittagspause, um dann tatsächlich die einzigen Gäste auf der Hütte zu sein.
Wir verbrachten ein wenig Zeit mit dem sehr nettem Hüttenwart, tranken ein „Norrlands Guld“ und konnten kaum glauben, welches Glück wir bis hierhin mit dem Wetter hatten.
Tag 5
Vistas – Nallo
Diese Etappe war der absolute Hauptgrund, warum ich noch einmal über Vistas laufen wollte. Ich hatte mich 2007 in die Nallostuga verliebt, auch wenn wir damals nur eine Mittagspause einlegten. Die Hütte liegt in einem Tal, welches von hohen Bergen, insbesondere dem auf dem Bild zu sehenden, charakteristischem Nallo, umgeben ist. Kein markierter Weg führt dorthin und eigentlich ist es, egal von wo man die Hütte anläuft, immer nur ein halber Tagesmarsch.
Wir hatten unfassbar gutes Wetter, schossen viele Bilder und genossen dann in der Mittagssonne an der Hütte erst einmal einen teuren Rum. Nach einer kleinen Pause schnallten wir die Skier unter, liefen einen der Berge hoch, blickten über die Berge und Gletscher, fuhren ab, gingen wieder ein wenig hoch, … was für ein Nachmittag.
Auch die anderen Wanderer, die hier blieben, waren eher der Fraktion „Ich-mach-das-schon-lange“ zuzuordnen, so dass sich interessante und intensive Gespräche ergaben. Für mich war da klar, dass ich diese Hütte auch unbedingt im Sommer besuchen möchte.
Tag 6
Nallo – Singi
Jetzt kam es endlich mal etwas wilder: in der Nacht war ein ordentlicher Sturm heraufgezogen, natürlich mit dichtem Schneefall einhergehend. Ergo: wenig bis gar keine Sicht. Zudem: keine Markierungen. Wir zögerten ein wenig, warteten etwas, aber ich konnte mich an die Route noch ganz gut erinnern, ein Notfall-GPS habe ich immer dabei, welches ich programmierte, und wir beschlossen, zu starten.
Natürlich hatten wir Gegenwind, aber die Sicht war zumindest meistens ok und das GPS hielt uns problemfrei auf Kurs, der Weg rüber nach Sälka ist tatsächlich auch eher simpel. Wir mussten natürlich im tiefen Neuschnee spuren, aber wir hatten generell keine Eile, da das Mindestziel Sälka nur wenige Kilometer entfernt liegt.
Auf der Hälfte der Strecke wurden wir von zwei jungen Schweden eingeholt, die sich artig fürs Wegfinden und Spuren bedankten und es dann ihrerseits für die zweite Hälfte machten, so dass wir es dann ganz gemütlich hatten.
Wir waren schon gegen 11 Uhr in Sälka, so dass wir beschlossen, nach Singi weiterzufahren – im Endeffekt keine gute Entscheidung, weil es in Sälka eine schöne Sauna gibt und Singi wegen des Wetters komplett überfüllt war -, da wir Angst hatten, das Wetter könnte sich verschlechtern und wir kämen mit dem Abreiseplan nicht mehr hin.
Wir flogen dann mehr oder weniger nach Singi, da der Wind von schräg hinten kam und es generell bergab geht. So schnell habe ich diese Etappe noch nie „erledigt“.
Singi gehört nicht zu meinen Lieblingshütten, irgendwie war es da noch nie gemütlich. So auch dieses Mal: viele hatten sich nicht getraut zu fahren und einige kamen aus anderen Richtungen, so dass es sehr, sehr voll und laut war. Ein krasser Kontrast zu Nallo am Vortag.
Tag 7
Singi – Kebnekaise
Weiterhin blies der Wind heftig, allerdings dieses Mal aus der richtigen Richtung: erst pustete es uns den kleinen Anstieg hoch und dann wahrlich über die Ebene Richtung Kebnekaise. Wir mussten tatsächlich nichts tun, als unsere Arme auszubreiten. In Kebnekaise angekommen stellten wir dann auch mit mehreren Mitarbeitern fest, dass wir zumindest schneller als jeder Mitarbeiter, der gerade vor Ort war, von Singi nach Kebnekaise gefahren sind. Ganz ohne Kraftaufwand.
Weil es weiter sehr verhangen war, boten sich nicht so viele Ausblicke, dafür hatten wir einen Mordsspaß beim „Segeln“…
Tag 8
Kebnekaise – Nikkaluokta
Wir waren die einzigen – kein Quatsch, es war wirklich so -, die an diesem Tag NICHT den Scooter-Transfer nach Nikkaluokta gebucht haben. Ja, es war wirklich extrem windig, die ersten 3km waren auch so, dass ich dachte: „Verdammt, wir hätten auch den Transfer nehmen sollen, wir packen es nicht rechtzeitig zum Bus!“, teilweise konnte wir nicht mal die nächste Markierung erkennen, aber dann klarte es etwas auf, wir hatten den Wind im Rücken und glitten mit viel Spaß über vereiste Seen und Schneefelder.
Die Etappe wird oft ausgelassen, ich habe als Einstieg auch schon mal den Transfer gewählt, eigentlich schade, es gibt auch hier viel zu sehen und der Übergang vom Fjäll in den Birkenwald ist herrlich.
Ein paar hundert Meter vor Nikkaluokta überholten uns dann mehere Scootergespanne, voll gepackt mit Skiern, Rucksäcken und faulen Säcken 😉
Wir hatten noch Zeit, es uns in Nikkaluokta bequem zu machen, um dann die Busreise nach Kiruna anzutreten.
Gerade im Winter kann man wirklich Pech mit dem Wetter haben. Wir hatten hier einfach nur Glück. Selbst die stürmischen Tage – ich liebe es ja, für mich gehört es dazu – waren in keinem Moment nervig oder langatmig. Eine grandiose Wintertour, ich werde immer dankbar für die Anfahrt auf Nallo bei solch einem Wetter bleiben.
Dank an Christian Koch für einen Teil der schönen Bilder.